Hessischer Minister des Innern und für Sport, Peter Beuth, eröffnet heute feierlich die Kasseler Anlaufstelle für junge Menschen und Institutionen mit Fragen im Themenfeld Islam und religiös begründeter Extremismus.
Kassel, 20. September 2017 – Die Beratungsstelle Hessen (Außenstelle Nordhessen) in Kassel von Violence Prevention Network stellt, ergänzend zur Beratungsstelle in Frankfurt, die nordhessische Anlaufstelle für Jugendliche, Eltern und Fachpersonal mit Fragen im Themenfeld Extremismus dar. Sie bietet Maßnahmen der Prävention, Intervention und Deradikalisierung als Antwort auf Hilflosigkeit im Umgang mit religiös begründetem Extremismus an. Die Beratungsstelle fördert die Stärkung der Toleranz von unterschiedlichen Weltsichten sowie die Früherkennung, Vermeidung und Umkehr von Radikalisierungsprozessen. Die Intervention bei beginnenden Radikalisierungsprozessen und die zielgerichtete Deradikalisierungsarbeit setzen dort an, wo Menschen einen Ausweg aus extremistischen Ideologien suchen.
Die Beratungsstelle Hessen (Außenstelle Nordhessen) ist Bestandteil des hessischen Präventionsnetzwerks gegen Salafismus. Sie wird finanziert durch das Hessische Ministerium des Innern und für Sport und durchgeführt in der Trägerschaft von Violence Prevention Network. „Wir bieten das bewährte und erfolgreiche Konzept der Frankfurter Beratungsstelle Hessen nun auch in Kassel für den nordhessischen Raum an“, so Innenminister Peter Beuth.
Ausgangslage: Zahl der Radikalisierten in Hessen hoch
Angesichts der terroristischen Dimension islamistischer Gewalt und des Anwachsens seiner Personenpotentiale, muss die globale, aber auch die bundesweite Entwicklung des Islamismus besondere Sorge bereiten. Dieser Trend schlägt sich auch in Hessen nieder: Laut Bundesamt für Verfassungsschutz sind im Jahr 2016 über 840 junge Menschen in Kriegsgebiete wie Syrien oder Irak ausgereist. Viele von Ihnen kehren hochgradig radikalisiert zurück. Auch viele junge Hessen werden im Bürgerkrieg in Syrien vermutet. Zugleich sind rund 1650 Salafisten in Hessen aktiv, mit dem Ziel, junge Menschen in Schulen und Jugendtreffs zu rekrutieren. Während einerseits die Zahl der Ausreisen etwas abgenommen hat, haben sich die Radikalisierungsverläufe mit einer Zeitspanne von unter einem Jahr dramatisch zugespitzt. Zugleich ist der Anteil an radikalisierten Mädchen und jungen Frauen signifikant angestiegen, wie eine Analyse des Bundeskriminalamtes und des Hessischen Kompetenzzentrums gegen Extremismus im Hessischen Innenministerium nahelegt.
Präventions- und Unterstützungsangebote etablieren
Mediales Aufsehen erregte vor wenigen Monaten der Fall der Medina-Moschee in Kassel. PolizistInnen des Polizeipräsidiums Nordhessen und der Bereitschaftspolizei hatten die Räumlichkeiten der Moschee mehrfach durchsucht. Innenminister Peter Beuth hatte den Trägerverein verboten. Allerdings reichen Verbote allein nicht aus. Flankierend müssen Angebote der Prävention, Intervention und Deradikalisierung zur Verfügung stehen. Diese Aufgaben übernimmt die Beratungsstelle in Kassel für den Raum Nordhessen. So konnten bereits 14 Fortbildungen für MultiplikatorInnen und 4 Workshops an Schulen mit über 50 Schülerinnen und Schülern durchgeführt werden. Im Bereich der Angehörigen-Beratung und Deradikalsierung betreut das Team bereits mehr als 18 Fälle.
Der Geschäftsführer von Violence Prevention Network, Thomas Mücke: „Durch die Entwicklung der salafistischen Szene in den Ballungsgebieten Nordhessens sowie die steigende Zahl von Beratungsanfragen, die Violence Prevention Network im Themenfeld erreichen, erwuchs die Notwendigkeit, eine Beratungsstelle in der Region einzurichten, die als zentraler Ansprechpartner bei Fragen und Beratungsanliegen im Phänomenbereich des religiös begründeten Extremismus im nordhessischen Raum agiert. Wir wollen durch die Angebote der Beratungsstelle junge Menschen gegen Extremismus stärken und sie nicht den extremistischen AkteurInnen und Manipulationen überlassen.“
Interessierte Jugendliche, Angehörige, MultiplikatorInnen sowie Institutionen können sich mit ihren Anfragen an die landesweite Hotline der Beratungsstelle Hessen unter der Telefonnummer 069 27 29 99 97 wenden.