Distanzierungs- und Ausstiegsbegleitung

Ob sich eine extremistische Position verfestigt oder nicht, liegt nicht ausschließlich an der Überzeugungskraft einer Ideologie, sondern maßgeblich am impliziten Beziehungsangebot, das von der jeweiligen Szene ausgeht. Die Hinwendung zu einer extremistischen Ideologie wird meist durch Personen eingeleitet, die genau eine Antwort, eine Wahrheit, ein Weltbild vermitteln. Das betrifft die Bereiche des ideologisch und religiös begründeten Extremismus gleichermaßen.

Insofern ist für den Distanzierungsprozess von extremistischen, menschenverachtenden Ideologien entscheidend, wem sich eine Orientierung suchende Person anvertraut: nämlich denjenigen, die sie (wieder) zum Hinterfragen vermeintlicher Wahrheiten anregen und die Möglichkeit und Berechtigung anderer Sichtweisen aufzeigen.

Wer die Vielfalt möglicher Weltsichten, Glaubensbekenntnisse und Haltungen anzuerkennen bereit ist, wird sich perspektivisch aus eigenem Antrieb von einem feindbildorientierten Weltbild distanzieren. Um Menschen den Weg aus der Gefährdungszone zu weisen, bevor sie sich für extremistische Ideologien rekrutieren lassen bzw. einen Ausstiegsprozess einzuleiten, wenn dies bereits geschehen ist, bedarf es qualifizierter Begleitung.

Vertrauen als Grundlage

Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Distanzierungsbegleitung ist der Aufbau einer vertrauensgeprägten Arbeitsbeziehung mit der radikalisierten Person. Abhängig von Zeitpunkt und Kontext kann die Kontaktanbahnung über eine der Beratungsstellen erfolgen, aber auch über die direkte Ansprache oder im Rahmen eines Deradikalisierungstrainings im Justizvollzug. Inhaltlich stützt sich der Prozess der Distanzierungs- und Ausstiegsbegleitung auf den stetigen Dialog, der Erkenntnisprozesse in Gang setzt, die Fähigkeit der kritischen (Selbst-)Reflexion befördert, aber auch die Identifikation potenzieller Gefährdungssituationen ermöglicht.

Eltern und Angehörige als Anker

Eminent wichtig in diesem Prozess ist die Einbeziehung der Eltern bzw. wichtiger Angehöriger. Hauptziel der Beratung ist es, (wieder) ins Gespräch mit dem radikalisierten Kind zu kommen. Der idealtypische Beratungsprozess verfolgt die schnellstmögliche Kontaktaufnahme mit den Eltern und die Entwicklung eines gemeinsamen Hilfe- und Förderplans für die Familie, um ein umfassendes Unterstützungsnetzwerk aufzubauen und die Familie langfristig zu begleiten. Bei Anzeichen einer Radikalisierung wenden Sie sich bitte an eine unserer Beratungsstellen (oder an die Hotline der Beratungsstelle Radikalisierung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge: 0911 943 43 43).