Beratungsstelle KOMPASS für Radikalisierte und Rückkehrer hat regen Zulauf

Senatsverwaltung für Inneres setzt Zeichen bei der Deradikalisierung von Jugendlichen in Berlin – Einladung zum Pressegespräch mit Innensenator Henkel

Berlin, 4. Mai 2015 – Die „Beratungsstelle KOMPASS – Toleranz statt Extremismus“ hat am 1. April 2015 im Rahmen des Deradikalisierungsnetzwerks der Senatsverwaltung für Inneres und Sport ihre Arbeit aufgenommen. Das Ziel des mobilen Beratungs- und Interventionsteams der Beratungsstelle KOMPASS ist die Radikalisierungsvermeidung bzw. Deradikalisierung junger Menschen. Aufgabe ist es, gefährdete junge Menschen im Umfeld des extremistischen Salafismus schnell vor Ort anzusprechen und Ausstiegsprozesse aus einem bereits stattgefundenen Radikalisierungsprozess zu initiieren.

„Unsere bisherige Arbeit im Extremismusbereich hat eindrucksvoll verdeutlicht, dass es möglich ist, gefährdete jungen Menschen – auch Syrienrückkehrer – anzusprechen, Arbeitsbeziehungen zu ihnen aufzubauen und Ausstiegsprozesse zu initiieren. Damit kann eine weitere Gefährdungseskalation verhindert werden“, so Thomas Mücke, Geschäftsführer von Violence Prevention Network.

Angebote der Intervention, Deradikalisierung und Ausstiegsbegleitung

Die Beratungsstelle KOMPASS ist für Jugendliche und junge Erwachsene da, die erkennbar einem Radikalisierungsprozess im Kontext eines islamisch begründeten Extremismus unterliegen und noch keine Ausstiegsmotivation formulieren sowie für junge Menschen, die sich von der extremistischen Szene distanzieren wollen.

Das Hauptangebot besteht in der Ausstiegsbegleitung. Das schließt Beratungs- und Dialogmaßnahmen mit Radikalisierten, Ausreisewilligen und Rückkehrern (z. B. aus Syrien) ein. Darüber hinaus bietet die Beratungsstelle KOMPASS Beratung, Begleitung und ein spezifisches Training für radikalisierungsgefährdete junge Menschen im Vorfeld von Straffälligkeit sowie im Strafvollzug an. Zur Erreichung der Zielgruppe ist insbesondere auch die Beratung von Angehörigen und Institutionen (wie z. B. Moscheegemeinden) in der Auseinandersetzung mit islamisch begründetem Extremismus vorgesehen.

Ausmaß des gesellschaftlichen Problems

Laut Berliner Verfassungsschutz gibt es in Berlin rund 620 Salafisten, davon gilt die Hälfte als gewaltbereit. Mehr als 90 Personen haben Berlin mit dem Ziel eines der Kriegsgebiete in Syrien oder Irak verlassen. Rund ein Drittel der Ausgereisten ist bisher wieder nach Berlin zurückgekehrt. Wie groß die Gefahr ist, die von Ausreisewilligen und Rückkehrern zurzeit ausgeht, kann nur geschätzt werden. Viele Rückkehrer leiden unter schwersten Traumatisierungen aufgrund erlebter oder begangener Gewalttaten.

„Unsere Erfahrungen aus der Beratungspraxis in anderen Bundesländern illustrieren die Dringlichkeit von Beratungs- und vor allem von Deradikalisierungangeboten, die weit über die Beratung von Angehörigen hinausgehen und vielmehr auf den direkten Kontakt zu den radikalisierten Jugendlichen setzen“, Thomas Mücke weiter.

„Wir haben uns für Violence Prevention Network als Projektpartner im Deradikalisationsnetzwerk entschieden, weil der Verein über jahrelange Erfahrungen im Umgang mit islamistisch radikalisierten jungen Menschen verfügt und in der Vergangenheit bereits bewiesen hat, dass er es versteht, Mitglieder dieser Szenen anzusprechen, mit ihnen in den Dialog zu treten, und sie zu Veränderungen zu motivieren“, so Innensenator Frank Henkel (CDU).

Ab sofort können Ausstiegswillige, Angehörige sowie Institutionen sich mit ihren Anfragen unter der Telefonnummer 030 23 911 300 an die Beratungsstelle wenden.