Violence Prevention Network nimmt Stellung zur aktuellen Debatte um eine Verschärfung des Jugendstrafrechts Die Errichtung so genannter „Erziehungscamps“, in denen Jugendlichen Respekt und Achtung der Menschenwürde durch erniedrigende Behandlung beigebracht werden sollen, ist kontraproduktiv. Zwang und Demütigung führt nicht zu Selbsterkenntnis und Verhaltensveränderung der Jugendlichen, sondern zu Zweckverhalten und Anpassung. Fällt der Zwang weg, so schwindet auch die Notwendigkeit, sich gewaltfrei zu verhalten. Wer Gewalttaten begeht, muss konsequent und zeitnah bestraft werden, darüber sollte Einigkeit bestehen. Strafe allein reicht jedoch nicht aus. Längere Haftstrafen sind keine Antwort auf ein Problem, dass nur durch eine langfristige Verhaltensveränderung der Täter*innen gelöst werden kann. Die derzeitige Rückfallquote bei inhaftierten jugendlichen Straftäter*innen liegt bei 78%. Diese Zahl kann nicht durch eine Verlängerung der Aufenthaltsdauer in Haft, sondern durch effektive pädagogische Programme gesenkt werden. Violence Prevention Network hat daher einen in der Bundesrepublik Deutschland einmaligen und seit Jahren mit Erfolg angewendeten pädagogischen Ansatz entwickelt. Dabei steht das Herbeiführen von Erkenntnisprozessen bei den Täter*innen im Vordergrund. Nur das Erkennen der eigenen Fehler sowie der gravierenden Folgen für das weitere Lebenmacht die Verantwortungsübernahme für das eigene Verhalten möglich. Wer „Respekt der Menschenwürde“ als Lernziel ausruft, der muss eben diesen Respekt nicht nur lehren, sondern auch im Umgang mit den Jugendlichen vorleben. Die Abkehr von Hass und Gewaltbereitschaft ist ein langwieriger Lernprozess. Es geht dabei nicht um Verständnis, sondern um Verstehen, nicht um Rechtfertigung, sondern um Erklärung. Violence Prevention Network arbeitet seit 2001 erfolgreich im Bereich der Verringerung von vorurteilsmotivierten schweren und schwersten Gewalttaten von Jugendlichen. Die Arbeit wendet sich sowohl an jugendliche Migranten als auch an Jugendliche mit deutschem kulturellem Hintergrund. Im Rahmen des Programms „Verantwortung übernehmen –Abschied von Hass und Gewalt“ bearbeiten erfahrene Pädagogen*innen und Trainer*innen Tatmotivation und Vorurteile zusammen mit den jugendlichen Straftäter*innen während ihres Gefängnisaufenthalts und können so gezielt und effektiv eine Verhaltensveränderung herbeiführen. Der durch jahrelange Praxiserfahrung erarbeitete pädagogische Ansatz, der die Jugendlichen auch nach der Haftentlassung begleitet, wird in diesem Jahr in den Jugendstrafvollzugsanstalten von sieben Bundesländern umgesetzt. Das Programm durchbricht mit hinterfragenden und demütigungsfreien Methoden die vordergründigen Rechtfertigungen für Hass und Gewalt und versetzt die Jugendlichen in die Lage, die Verantwortung für Ihr eigenes Handeln zu übernehmen. Jugendliche Gewalttäter*innen werden nach Verbüßen ihrer Haft in die Freiheit entlassen. Daher muss es das Ziel von Jugendstrafvollzug sein, während der Haft alles zu tun, um eine langfristige Verhaltensveränderung der Gewalttäter*innen zu unterstützen, die über die Haftzeit hinaus wirkt. Eine Begleitung der Jugendlichen bei der Umsetzung der neu erlernten Verhaltensweisen im Alltag nach der Haft ist deshalb unabdingbar. Violence Prevention Network sieht den Handlungsbedarf daher nicht in der Verlängerung von Höchststrafen oder der Einführung von „Warnschussarrest“, sondern in der konsequenten Umsetzung effektiver und rückfallvermeidender pädagogischer Programme innerhalb des bestehenden Jugendstrafvollzuges. Violence Prevention Network e.V. ist Mitglied im Forum gegen Rassismus des Bundesministeriums des Inneren.