Sächsische Staatsministerin für Gleichstellung und Integration, Petra Köpping, eröffnet heute die neue sächsische Anlaufstelle für junge Menschen und Institutionen mit Fragen im Themenfeld Islam und religiöser Extremismus.
Dresden, 19. September 2017 – Das Team von Violence Prevention Network arbeitet in der Dresdener Beratungsstelle ab sofort mit der Zielsetzung, Jugendliche gegen Anwerbungsversuche extremistischer Vereinigungen zu immunisieren und dort, wo eine religiös begründete Radikalisierung bereits begonnen hat, Distanzierungsprozesse zu initiieren. MultiplikatorInnen sollen im Rahmen von Fortbildungs- und Sensibilisierungsveranstaltungen geschult werden, extremistische Argumentationsweisen zu erkennen und mögliche Strategien zur Auflösung dieser zu entwickeln. Durch Aufklärung und Information hinsichtlich der Lebenswelten und religiösen Praktiken ihres Klientels sollen den MultiplikatorInnen jedoch auch Ängste genommen sowie islamophoben oder rassistischen Tendenzen begegnet werden.
Die Beratungsstelle Sachsen ist Teil der Koordinierungs- und Beratungsstelle Radikalisierungsprävention (KORA). KORA ist ein Vorhaben der Sächsischen Staatsministerin für Gleichstellung und Integration in Kooperation mit dem Sächsischen Staatsminister des Innern und dem Sächsischen Staatsminister der Justiz. „Wir wollen aktiv werden, bevor etwas passiert. Mit Violence Prevention Network haben wir einen zuverlässigen Partner gefunden, um gemeinsam durch zielgerichtete Präventionsarbeit dem religiös begründeten Extremismus in Sachsen nachhaltig vorzubeugen“, so Integrationsministerin Petra Köpping.
Ausgangslage: Zahl der Radikalisierten in Sachsen steigt
Angesichts der terroristischen Dimension islamistischer Gewalt und des Anwachsens seiner Personenpotentiale, muss die globale, aber auch die bundesweite Entwicklung des Islamismus besondere Sorge bereiten. Dieser Trend schlägt sich auch in Sachsen nieder: Im Phänomenbereich des islamistischen Extremismus war in den letzten Jahren ein Zuwachs des Personenpotenzials im Freistaat zu verzeichnen. Im Vergleich zum Jahr 2015 wurde in 2016 ein Anstieg um 17% auf 350 Personen (2015: 300) registriert. Hiervon sind laut dem Sächsischen Innenministerium heute 210 Personen (2016: 190, 2015: 170) dem Salafismus zuzuordnen.
Präventions- und Unterstützungsangebote etablieren
Mediales Aufsehen erregte erst kürzlich der Fall der unter Terrorverdacht stehenden Linda W. aus dem sächsischen Pulsnitz. Die 16-jährige war vor einem Jahr ausgereist, um sich dem sog. IS anzuschließen und wurde Ende Juni im Irak festgenommen. Dieses Beispiel verdeutlicht einmal mehr, dass es auch in Sachsen konkreter Präventions- und Unterstützungsangebote bedarf, die nicht nur radikalisierungsgefährdete und radikalisierte Personen direkt ansprechen, sondern auch die Menschen beraten und fortbilden, die in regelmäßigem Umgang mit dieser Zielgruppe stehen, wie bspw. Angehörige und Lehrpersonal. Wichtig ist hierbei nicht nur die Fortbildung und Beratung von MultiplikatorInnen, um mögliche islamistische Radikalisierungen frühzeitig zu erkennen, sondern auch die Sensibilisierung im Umgang mit Personen mit muslimischem Hintergrund, die keine Radikalisierungsanzeichen aufweisen. Dadurch sollen pauschale Verdächtigungen verhindert und MuslimInnenfeindlichkeit vorgebeugt werden.
Der Geschäftsführer von Violence Prevention Network, Thomas Mücke, erklärt: „Durch die Entwicklung der salafistischen Szene in Sachsen sowie die steigende Zahl von Beratungsanfragen, die Violence Prevention Network im Themenfeld erreichen, erwuchs die Notwendigkeit, eine Beratungsstelle einzurichten, die als zentraler Ansprechpartner bei Fragen und Beratungsanliegen im Phänomenbereich des islamistischen Extremismus in Sachsen agiert. Wir wollen durch die Angebote der Beratungsstelle junge Menschen gegen Extremismus stärken und sie nicht den extremistischen AkteurInnen und Manipulationen überlassen.“
Interessierte Jugendliche, Angehörige, MultiplikatorInnen sowie Institutionen können sich mit ihren Anfragen wochentags zwischen 9 und 16 Uhr unter der Hotline 0351 564 564 9 an die Beratungsstelle Sachsen in der Königstraße 18 in Dresden wenden.
Pressestelle Sächsisches Staatsministerium für Gleichstellung und Integration