In unserer Beratungsarbeit erleben wir gesellschaftliche Konflikte in konzentrierter Form. Die zunehmende Polarisierung und Radikalisierung der Gesellschaft führen zu einer verstärkten Verbreitung extremistischer Strömungen. Obwohl sie sich in ihrer Ausprägung unterscheiden, verbinden diese Strömungen gemeinsame Merkmale: Sie vertreten Vorstellungen von Ungleichwertigkeit, lehnen staatliche Institutionen, demokratische Werte und klassische Medien ab und zeigen eine grundsätzlich antipluralistische Haltung. Oft sind sie mit einer Gewaltbereitschaft verbunden oder rechtfertigen Gewalt als Mittel der politischen Durchsetzung. Dadurch entstehen abgeschottete Milieus mit geschlossenen Weltbildern, in denen etablierte Mechanismen der Konfliktlösung abgelehnt und eine pluralistische Willensbildung verhindert werden.
Vor diesem gesellschaftlichen Hintergrund ergeben sich vielfältige Herausforderungen für die Ausstiegs- und Distanzierungsarbeit. Als bundesweite Infrastruktur stellt sich dist[ex] diesen Herausforderungen und drängenden Fragen:
- Wie kann die Zusammenarbeit an fachlichen Schnittstellen – etwa in der Kinder- und Jugendhilfe, im Gesundheitswesen, bei Sicherheitsbehörden sowie in Wissenschaft, Forschung und Politik – verbessert und ausgebaut werden? Diese zentrale Herausforderung für die Praxis diskutieren wir im dist[ex]-Verbund und erarbeiten konkrete Lösungsansätze.
- In Deutschland hat sich in den letzten Jahrzehnten eine hochqualifizierte und spezialisierte Präventionslandschaft entwickelt, die international einzigartig ist. Der dist[ex]-Verbund setzt sich dafür ein, diese Landschaft sowohl phänomenspezifisch als auch phänomenübergreifend weiterzuentwickeln, Akteur*innen zu vernetzen und nachhaltige Synergieeffekte für Praktiker*innen zu schaffen.
- Die gesellschaftlichen Entwicklungen und der damit verbundene Beratungsbedarf haben unterschiedliche Ansätze in der Arbeit mit Zielgruppen hervorgebracht. Einige Ansätze konzentrieren sich auf sich radikalisierende oder bereits radikalisierte Personen, andere auf deren Umfeld und Familie. Während einige Konzepte auf Freiwilligkeit setzen, zielen andere darauf ab, auch Personen ohne eigene Motivation für eine Beratung zu erreichen. Um den dynamischen gesellschaftlichen Entwicklungen gerecht zu werden, müssen diese Ansätze voneinander lernen können.
dist[ex] arbeitet kontinuierlich an diesen und weiteren gesellschaftlichen sowie fachlichen Herausforderungen. Wir entwickeln Kompetenzen, Konzepte und Strukturen, um diesen Herausforderungen noch besser zu begegnen und die Beratungspraxis weiter zu qualifizieren. Im Mittelpunkt steht dabei die Vernetzung von Distanzierungs- und Ausstiegsprojekten untereinander sowie mit anderen relevanten Akteur*innen und Zielgruppen.
Unser Ziel ist es, bis spätestens 2028 ein Netzwerk zu schaffen, das alle zentralen Stakeholder strukturell einbindet und als Plattform für Innovation und Austausch dient. Unser Fokus liegt darauf, praxisnahe Methoden weiterzuentwickeln und die interdisziplinäre Zusammenarbeit nachhaltig zu fördern.